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CHAUCER.

Old Chaucer like the morning star,

To us discovers day from far;

His light those mists and clouds dissolv'd
Which our dark nation long involv'd;
But he descending to the shades

Darkness again the age invades.

Denham.

GEOFFERY

EOFFERY CHAUCER wurde im Jahre 1328 zu London, einer schon damals ansehnlichen und ziemlich reichen Stadt, ge'boren, und zu Cambridge und Oxford erzogen. Hierauf studierte er die Rechte, und wurde Mitglied des Juristenkollegiums in Middle - Temple zu London. Nachdem er die Niederlande und Frankreich besucht hatte, begab er sich an den Hof Edward's III, erwarb sich die Gnade des Königs in einem hohen Grade, wurde von demselben öfters in auswürtigen Angelegenheiten gebraucht, und durch Ertheilung der Würde eines Kämmerers und Königl. Schildträgers, und am Ende durch die einträgliche Stelle eines Kontrolleurs der Woll-Accise belohnt. Chaucer hatte sich im Jahre 1360 mit einer Hofdame der Herzogin von Lancaster verheirathet, und war in die Dienste des Herzogs gegangen. Dadurch hatte er sein Glück sehr befördert. Nach dem im Jahre 1377 erfolgten Tode Edward's III wurde der Herzog Vormund des minderjährigen Enkels desselben, Richard II, und dies schien anfänglich für unsern Dichter ein glücklicher Umstand zu seyn; der Herzog zerfiel indessen bald mit dem jungen Könige, und Chaucer's schöne Hoffnungen wurden nicht nur vereitelt, sondern er sah sich auch wegen seiner Anhänglichkeit an den Herzog verfolgt.

Da

überdies seine Vermögensumstände in grofse Unordnung gerathen waren, so entfernte er sich vom Hofe, begab sich nach London, wurde hier aber in Verhaft genommen, und nicht eher frei gelassen, bis er das Geständnifs dessen abgelegt hatte, was ihm von der Gegenparthei des Königs bekannt war. Nun begab er sich nach seinem kleinen Landsitze bei Woodstock, und blieb hier bis in sein 65stes Jahr. Um diese Zeit heirathete der Herzog von Lancaster die Schwester von Chaucer's Frau, und durch die Fürsprache desselben erhielt unser Dichter ein neues Jahrgehalt. Der Herzog starb bald hierauf, und Chaucer begab sich nun nach Dunnington - Castle, lebte hier in philosophischer Zurückgezogenheit noch zwei Jahre, und starb 1400. Er wurde in der Westminsterabtei *) beigesetzt, wo ihm auch im 16ten Jahrhundert ein Denkmal errichtet worden ist. Mit G. Chaucer geht, selbst nach dem Urtheil des strengen Johnson, die Morgenröthe der Englischen Poesie auf, oder es beginnt vielmehr mit ihm die Nationalliteratur in England; nur erschien dieser Mann, gleichsam noch ein Jahrhundert zu früh; denn er blieb ohne bedeutende Nachfolger **), weil seine Nation noch nicht den rechten Weg zur Bildung betreten hatte. Chaucer erwarb sich zuförderst um die Sprache seines Volks ein grosses Verdienst. Diese war bis auf ihn eine unförmliche Mischung aus dem Sächsischen, Normännischen und Französischen, dabei rauh und überhaupt wenig bearbeitet gewesen. Er, ein durch Reisen gebildeter Mann, der seinen Geschmack durch das Studium der Werke Italiens geläutert, und jenen innern Sinn für Rythmus und Wohllaut bekommen hatte, der seinen Vorgängern fehlte, gab seiner Muttersprache nicht nur Wohllaut und Gewandtheit, sondern bereicherte dieselbe auch mit vielen neuen Wörtern, da der Vorrath, welchen er vorfand, für den grössern Ideenumfang eines so gebildeten Weltmannes zu eng war. Zwar macht man es ihm zum Vorwurf, dafs er mit zu vollen Händen in

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*) Sein Denkmal ist das älteste von denen, die im nordöstlichen Winkel der Westminster - Abtey stehen, und dieser Theil der ehrwürdigen Kathedrale heifst von ihm der Poeten-Winkel. (S. Englische Miscellen Theil 8, St. 5, S. 172.)

**) Dahin gehören unter andern: John Gower aus Sittenham in Yorkshire, geb. um 1523, gest. 1402; John aus Lydgate in Suffolkshire, gest. 1440.

nen.

den Französischen Sprachschatz gegriffen, und überhaups durch ausländische Wörter und Redensarten seine Sprache veranstaltet habe; allein, auch zugegeben, dafs unter seinen Landsleuten nicht bereits eine Menge Französischer Wörter im Umlauf gewesen wäre, wie erwiesen werden kann, so würde man doch nicht mit Recht einem Schriftsteller über solche Eingriffe in fremdes Eigenthum l'orwürfe machen könMufste nicht Cicero, als er die philosophischen Disziplinen unter seinen Landsleuten zuerst bearbeitete, zu einem ähnlichen Mittel seine Zuflucht nehmen? Nächstdem gebührt unserm Dichter die Ehre den Ideenkreis seiner Landsleute, so wie schon an und für sich durch jene Sprachbereicherung, so auch dadurch erweitert zu haben, dafs durch seine bald allgemein gelesenen und bewunderten Werke manche Wahrheit in Umlauf kam. Chaucer war ein auch in religiösen Sachen aufgeklärter Mann, und bekannte sich zu Wiklef's freiern Religionsmaximen. Dies leuchtet auch aus vielen Stellen seiner Werke hervor, wo er über die Ungeschicklichkeit und Faulheit der Mönche spottet. Andere Stellen beweisen, dafs er auch mit den Schriften des Alterthums nicht unbekannt war. Man trifft in verschiedenen seiner Werke Nachahmungen derselben, und anderer neuern Werke des Auslandes an; allein er war deshalb nichts weniger als blofser Nachahmer; denn theils sind unter seinen Werken noch viele, von denen ihm auch der Preis der Erfindung gebührt, theils ist ihm, selbst wenn er nachahmt, noch so viel Originelles eigen, dafs man den Mann von Kopf nicht verkennen kann; ja es ist nicht zu leugnen, dafs manches nachgebildete Stück unter seinen Händen vielfach gewonnen hat. Was seine Werke betrifft, so gebührt un ter denselben 1) den Canterbury-Tales ein vorzüglicher, wo nicht der erste Rang. Sie bestehen aus einer Reihe Erzählungen, mit welchen sich eine Gesellschaft nach Canterbury pilgernder Personen, die sich in einen Gasthofe in Southwark kennen gelernt haben, unter Weges unterhält; eine Idee, die unstreitig aus dem Decamerone des Boccaccio entlehnt Was die Erzählungen selbst betrifft, so sind sie von sehr verschiedenem Gehalt; den Vorzug verdienen unstreitig The Knight's Tale aus der Teseide des Boccaccio gezogen, und the Squirr's-Tale. Das hier mitgetheilte Stück The Doctours Tale ist zwar in Ansehung des dichterischen Gehalts eines `der unbedeutendsten, allein es ist deshalb hier ge

ist.

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an

wählt worden, theils weil der Raum die Aufnahme einer län-
gern Erzählung nicht erlaubte, theils auch weil sich bei ei-
nem bekannten Stoffe von Seiten der Sprache weniger Schwie-
rigkeiten darbieten, welchen letztern überdies durch die hin-
zugefügten Erläuterungen, bis auf einige wenige Ausdrücke,
hoffentlich abgeholfen seyn wird. Überdies findet man
der Spitze jeder Erzählung einen Prolog, in welchem sich
der Dichter meistentheils bald als einen feinen Satyriker,
bald als einen treffenden Sittenmaler, überall als einen ge-
nauen Kenner des menschlichen Herzens zeigt. Auch diese
Zierde entbehrt das hier aufgenommene Stück. Übrigens ver-
dient noch bemerkt zu werden, dafs die Canterbury Tales ein,
gewissermassen unvollendetes Werk sind, da der Dichter an-
fänglich den Plan hatte, jeden Pilger, bei der Rückkehr von
Canterbury, gleichfalls ein Mährchen erzählen zu lassen.
Zu den übrigen bedeutenden Werken Chaucer's gehören
2) the Romaunt of the Rose, eine Nachbildung des von Wil-
helm von Lorris am Ende des 13ten Jahrhunderts ange
fangenen, und von Jean de Meun im Anfang des 14ten
beendigten Román de la Rose. 3) Troilus and Creseide, ein
erzählendes Gedicht in 5 Gesängen. 4) The House of Fame,
ein Gedicht, welches nachmals von Pope in dem Temple of
Fame nachgeahmt worden ist. Sonst enthalten seine Werke
noch verschiedene andere gröfsere und kleinere Gedichte.
Auch von seinen prosaischen Werken haben sich einige er-
halten, als: a Translation of Boethius (de Consolatione); a
Treatise on the Astrolabe; the Testament of Love. Eine vor-
zügliche Ausgabe seiner poetischen Werke ist diejenige, wel
che einen Theil der von Bell (unter dem Titel: the Poets
of Great Britain complete from Chaucer to Churchill) veran-
stalteten Dichtersammlung macht, und folgenden Titel führt:
the poetical Works of Geoff. Chaucer in fourteen Volumes;
the miscellaneous Picces from Urry's edition 1721, the Canter-
bury-Tales from Tyrwhitt's edition 1775, Edinburgh 1782.
Der '14te Theil enthält ein Glossarium, und dieses ist es,
aus welchem wir die hier mitgetheilten Erläuterungen ge-
schöpft haben. Ausserdem findet man sämmtliche Werke un-
sers Dichters im ersten Theile von Anderson's Ausgabe
der Englischen Dichter, nebst einem Glossario *). Von den

*) Der Titel dieser Sammlung ist: The Works of the British poets with prefaces biographical and critical by Robert An

Canterbury - Tales hat der berühmte Englische Kritiker Tyrwhitt eine vortreffliche Ausgabe, mit einem Versuch über Chaucer's Sprache und Versifikation und einer besondern Einleitung zu diesen Erzählungen, besorgt, London 1775 1779 5 Vol. 8., so wie man von dem vorhin angeführten John Urry eine 1721 zn London in Fol., erschienene Ausgabe der sämmtlichen Werke unter dem Titel: the Works of Jeffrey Chaucer besitzt. Diejenigen, welche sich näher mit diesem Vater der Englischen Dichtkunst bekannt machen wollen, werden in dem ersten Stücke des zweiten Bandes der Nachträge zu Sulzer's allgemeiner Theorie der schönen Künste (auch unter dem Titel: Charaktere der vornehmsten Dichter aller Nationen etc.) einen schützbaren Aufsatz über Chaucer finden. Vor allen aber verdient folgendes Werk Aufmerksamkeit: Life of Geoffrey Chaucer, the early English Poet: including Memoirs of his near friend and kinsman, John of Gaunt, Duke of Lancaster: with sketches of the manners, opinions, arts and literature of England in the fourteenth century, by William Godwin, in two Volumes, 4. London, Phillips 1803. Man findet eine Anzeige und Würdigung dieser vortreffiichen Schrift in den Englischen Miszellen, 13ter Band, 3tes Stück, S. 152. Eine ausführliche Biographie unsers Dichters befindet sich auch bei den vorhin angeführten Beilschen und Anderson. schen Ausgaben, und in Cibber's Lives of the English Poets, Vol. I. S. 1.

THE DOCTOURES PROLOGUE,

Ye, let that passen, quod 1) our Hoste, as now.
Sire Doctour of Physike 2), I prey you,

Tell us a Tale of som honest matere 3).

derson, M. D. London' 1795, in 15, im grössten Oktav und gespaltenen Columnen gedruckten Bänden. Sie kostet 8 Pfund, übertrifft an Vollständigkeit alle vorhergehenden Sammlungen · und umfafst in allem 114 Dichter, wovon 49 in der Johnsonschen Sammlung noch nicht befindlich sind. Dazu kommen im 13ten Bande die vorzüglichsten Übersetzer der alten Klassiker, deren Übersetzungen man allgemein Originalität zugesteht. Die den einzelnen Dichtern vorangeschickten Biographien sind von Anderson selbst bearbeitet.

1) quod said. 2) physike medicine. 3) matere matter.

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